02.08.2016
Sie hat es wieder getan – Dänemarks Fiontini wiederholt ihren Erfolg vom Vorjahr und holt sich nach dem Weltmeistertitel der fünfjährigen Dressurpferde auch den der sechsjährigen.
Bei vielen Pferden im Finale der WM der sechsjährigen Dressurpferde begannen die Richter ihre Kommentierung mit den Worten „What a lovely horse!“ – zu Recht! Aber als der Spanier Severo Jurado Lopez mit der dänischen Stute Fiontini zum letzten Mal auf die Mittellinie abbog, nahmen die Zuschauer im beinahe ausverkauften Stadion in Ermelo den Richtern die lovely horse-Feststellung auf ihre Weise vorweg. Sie begannen schon im Takt der Trabtritte zu klatschen, noch ehe die Stute bei X zum Halten gekommen war. Sie war das letzte Pferd der Prüfung. Und eigentlich war klar, dass die Fassbinder-Blue Hors Romanov-Tochter aus Zucht und Besitz von Hanne Lund und Henrik Hansen heute den Titel holen würde. Man vermisste heute etwas den Fluss in der Bewegung und die Selbstverständlichkeit im Trab, die die Stute sonst ausgezeichnet hatten. Die Richter gaben dem Reiter mit auf den Weg, er müsse aufpassen, dass die Stute nicht zu passageartig trabt. Andererseits tut sie das mit so viel Takt und Elastizität, dass man tatsächlich versucht ist, im Rhythmus mitzuklatschen. Aber eben aufgrund des leicht verzögerten Ablaufes gab es heute „nur“ eine 9,5 im Trab. Fünfjährig war der noch mit einer 10,0 belohnt worden. Insgesamt ging Servero Lopez, der im Stall des dänischen Dressurreiters und Pferdehändlers Andreas Helgstrand als Bereiter arbeitet, heute kein unnötiges Risiko ein. Er wusste wohl: Wenn er keine ganz groben Fehler macht, würde er den Titel in der Tasche haben. Und so war es dann ja auch. Obwohl die Stute es heute in den Seitengängen ein wenig an Geschmeidigkeit vermissen ließ, was die Richter in der Durchlässigkeitsnote ahndeten. Dort floss auch der eine fliegende Wechsel ein, der nicht ganz auf die Hilfe gesprungen war (8,9). Ansonsten gibt es an der alten und neuen Weltmeisterin einfach viel zu loben: den Raumgriff in den Bewegungen, die erkennbare Bergauftendenz und die unglaubliche Elastizität. Im Galopp erhielt sie eine 9,8, im Schritt die 9,7 und für die Perspektive als Dressurpferd gab es schließlich die Idealnote 10,0. Machte in Summe 95,80 Prozent.
Die Silbermedaille ging in die Niederlande, an den KWPN-Hengst Five Star v. Amazing Star-Jazz unter Kirsten Brouwer. Der schicke Fuchs (eines der vielen „lovely horses“, welche die Jury heute ausgemacht hat) gefällt mit viel Elastizität, einer klaren Bergauftendenz und konstanter Anlehnung.
„Nee!“, antwortete Ann-Christin Wienkamp mit einem Lachen auf die Frage, ob sie damit gerechnet hätte, hier heute auf dem Treppchen zu stehen. Sie stellte den Oldenburger Hengst Sir Olli v. Sir Donnerhall-Florestan (Z.: Gerd Küst, B.: Vievian Küst) vor, ein Pferd, dass sie übrigens nur zur WM reitet, auch schon im vergangenen Jahr. Ansonsten geht der edle Braune unter Laura Klein, einer Schülerin von Ann-Christin Wienkamp, die selbst wiederum Bereiterin bei dem Nachwuchs-Bundestrainer Oliver Oelrich ist. „Wir haben gesagt, bei den Weltmeisterschaften soll ich ihn reiten, weil Laura sich das in einem solchen Rahmen noch nicht ganz zutraut“, verriet Wienkamp. Beim Bundeschampionat in wenigen Wochen wird dann wieder alles beim Alten sein: Sie steht am Rande und coacht Laura Klein und Sir Olli von unten.